Als bedeutende Zirkusdirektorin, ausdauernde Krisenmanagerin und Autorin zahlreicher Romane, Theaterdramen und Manegestücke nimmt Paula Busch in der deutschen Zirkusgeschichte eine herausragende Stellung ein. Nach einem abgebrochenen Hochschulstudium der Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie stieg sie 1915 bei ihrem Vater Paul ein, der den Zirkus Busch gegründet und zu einem weltbekannten Unternehmen mit festen Gebäuden in Hamburg, Wien (1920 verkauft), Berlin und Breslau ausgebaut hatte. Als „Pantomimenmeisterin“ schuf Paula Busch aufwendige und effektvolle Manegeschaustücke, in welchen sie häufig selbst auftrat. Als ihr Vater 1927 starb, übernahm Paula das Familienunternehmen und führte es mit viel Geschick durch die Zeit der Weltwirtschaftskrise. Die schwersten Prüfungen standen ihr allerdings erst noch bevor.
Paula Busch in ihrem Manegeschaustück „Die Schlange von Durgha“, Zirkus Busch 1921 (Zirkusarchiv Winkler, Berlin)
Wie die meisten deutschen Zirkusdirektoren trat Paula Busch 1933 der NSDAP bei, um sich mit den neuen Machthabern zu arrangieren. Hitler verfügte jedoch im Juli 1934 den Abriss des Berliner Busch-Gebäudes im Rahmen der Neugestaltung der Reichshauptstadt. Unter dem offiziellen Vorwand baupolizeilicher Sicherheitsmängel kündigten die zuständigen Behörden den Pachtvertrag vorzeitig, wogegen Paula Busch vergeblich protestierte. Ab Dezember 1934 stand das Zirkusgebäude leer, im Juli 1937 wurde es abgerissen. Um den Wegfall der Berliner Einnahmen zu kompensieren, übernahm Paula Busch für 200.000 RM den Wanderzirkus der (halb-)jüdischen Familie Straßburger, die aufgrund anhaltender Diskriminierungen und drohender Enteignung nach Belgien emigrierte. Der neue Zeltzirkus Busch reiste vornehmlich durch Deutschland, gab aber auch Auslandsgastspiele.
Während des Zweiten Weltkriegs reiste der Zeltzirkus auch durch die besetzten Länder. Ab November 1940 gastierte Paula Busch in Paris, wo sie für drei Monate die Leitung von Medrano und Cirque d’Hiver übernahm. Ihre Versuche, Jérôme Medrano zu einer „Fusion“ zu bewegen, scheiterten jedoch. Im Hamburger Zirkusbau fiel die Sommersaison 1940 aus, da er vorübergehend in ein Kriegsgefangenenlager umfunktioniert wurde. Bei einem alliierten Luftangriff auf Hamburg Ende Juli 1943 wurde das Gebäude schließlich komplett zerstört.
Paula Busch blieb nur noch das Gebäude in Breslau, wo sie unter immer schwierigeren Bedingungen weiterspielte. Als die Stadt im Januar 1945 zur „Festung“ erklärt wurde, floh das Zirkusensemble nach Westen und erlebte das Kriegsende im niederschlesischen Kurort Warmbrunn. Hier erfuhr Paula Busch, dass ihr Breslauer Zirkusgebäude Anfang April 1945 abgebrannt war. Die sowjetische Besatzung Warmbrunns verlief für die Zirkustruppe glimpflich, da sie der Stadtkommandant zur Truppenbetreuung einsetzte. Im Juli 1945 setzte der Treck seine Flucht fort und erreichte zwei Monate später Berlin.
Paula Busch mit Tochter Micaela und Enkel Paul, 1952 (Zirkusarchiv Winkler, Berlin)
Paula Busch machte sich sofort an den Wiederaufbau ihres Unternehmens, musste jedoch anfangs unter freiem Himmel spielen. Nach drei Jahren schien die Konsolidierung vollbracht, doch entpuppte sich 1948 als Katastrophenjahr. Das mit großem Aufwand instandgesetzte Planetarium, das als fester Zirkusbau dienen sollte, wurde durch britische Sprengarbeiten am benachbarten Zoobunker zerstört, während der neue Zeltzirkus aufgrund der Berlinblockade aufgeben musste. 1952 wagte Paula Busch im Alter von 66 Jahren einen weiteren Neuanfang. Nach anfänglichem Erfolg musste sie jedoch 1961 Konkurs anmelden. Schließlich verpachtete sie ihren berühmten Namen an den Bremer Zirkus Roland, der fortan den Doppelnamen Busch-Roland trug.
Autor: Martin Holler
Quellen:
Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, R 43-II/637a, R 43-II/1181a, R 55/20483, R 4606/2815, R 9361-V/15666 und R 9361-V/140346; Busch, Paula: Das Spiel meines Lebens. Ein halbes Jahrhundert Zirkus. Stuttgart 1957; Medrano, Jérôme: Une vie de cirque. Paris 1983; Schaaff, Martin: Die Buschens. 100 Jahre Circus Busch. Bilder einer Circusdynastie. Berlin 1984; Winkler, Gisela: Circus Busch. Geschichte einer Manege in Berlin. Berlin 1998; Franzkowiak, Anne: Vom grünen Strand der Spree nach Pompeji. Manegeschaustücke und Sensationen bei Busch am Bahnhof Börse. In: Stiftung Stadtmuseum Berlin (Hrsg.): Zirkus in Berlin. Dormagen 2005, S. 78-93
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